ÜBER ETWAS ANDERES

Pionierarbeit_Ding

Brücken sind merkwürdige Gebilde. Ihre geläufige Verwendung als sprachliches Bild im Begriff des „Überbrückens“ bspw. kultureller Differenzen gründet darauf, wie verständlich uns bereits der Gebrauch von Brücken selbst ist. So wie Brücken uns eine solide Konstruktion geben, die gefahrlos betretbar und begehbar ist, so verlässlich scheint uns das sprachliche Bild der Brücke – die symbolische Verwendung des „Überbrückens“ in der Sprache gründet auf der positiven Erfahrung mit der Kulturtechnik des Brückenbaus. Diese Verwendung wird durch die Rückbesinnung auf Ihren Ursprung im Bauen in die Kritik gebracht.

So können bspw. aus Sicht einer poststrukturalistischen Architekturtheorie Brücken im Selbstzweck als identitätstiftende Orte freigelegt werden. Und selbst wenn historisch bedeutende Brücken dann als lediglich funktional notwendige Ingenieursbauten wahrgenommen und als solche genutzt werden, wird die Positivität des Überquerens einer Grenze oder eines anderen Hindernisses mittels (symbolischer) Brückenkonstruktionen fragwürdig. Die Brücke reduziert das Überwinden von Hindernissen auf einen Akt des Überschreitens unter Auslassung der Grenzerfahrung.

Pionierarbeit_Differenz

Demnach können Brücken als Konstruktionen der Auslassung und deren gleichzeitiger Überschreitung angesehen werden. Brücken forcieren den Menschen, auf eine bestimmte Art und Weise eine Überschreitung vorzunehmen, andere Weisen hingegen zu übergehen. Ausgehend von dieser Wendung des Begriffs der Brücke, begehen wir den eigentlichen Prozess des Überbrückens, indem wir uns mit architekturtheoretischen Texten und konkreten Bauwerken beschäftigen, und diese mit philosophischen Texten und misslungenen Brückenkonstruktionen reflektieren.

Im affirmativen Akt zum Positivismus hin, der der Architektur trotz dieses Sinnverlusts weiterhin unterliegt, steckt nicht nur das Begehren nach der Überwindung räumlich wirksamer Grenzen, sondern eben auch in der sinnstiftenden Beschreibung eines Ortes. Gerade das Wissen um die Brücke als Konstruktion der Auslassung schafft die Brücke selbst als Ort der Identität. Während die Differenz in der Brücke phänomenologisch erfahrbar sein kann, verbleibt die durch sie erzeugte Auslassung ungreifbar. Provokant gesprochen sind Brücken „Institutionen der Auslassung von Differenz“; ob nun gebaut oder symbolisch.

Pionierarbeit_Auslassung



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