IN MEDIAS SPREE

Das Konzept greift die immer wieder vorgebrachten Ideen und Bemühungen auf, Berlin als Stadt am Wasser zu aktivieren. Im Fokus lag dabei die Entwicklung eines Vorschlags für den als Mediaspree firmierenden Bereich In Friedrichshain-Kreuzberg und den Bereich flussabwärts oberhalb der Jannowitzbrücke. Als aktivierendes Konzept sieht es an eben jenem Ort Berlins seine Stärke, wo tatsächlich um den Platz an der Spree gekämpft wird. Mit diesem Projekt soll diese Bedeutung der Spree in einer Handlung und Haltung verankert werden, die die erfahrbaren Qualitäten des Flusses für jeden zugänglich und begreifbar gemacht.
Die Absicht des Projektes ist, die Ufer der Spree zu öffnen und die natürlichen Grenze in Teilen zu überwinden. Die Spree soll bildhaft gesprochen über die Kaimauer treten und in die Stadt einfließen. Damit formuliert ist auch die Absicht, eine Bewusstseinsbildung in Gang zu setzen, durch die die Spree selbst zu einem definierten Ort, einem Bezugspunkt im Gefüge der Stadt wird. So sollen genauso in umgekehrter Richtung, die Bewohner Berlins selbst die Ufer der Spree überwinden und in ihrer Wahrnehmung den Raum der Spree betreten.
Durch die angedachten Maßnahmen bilden sich Situationen an der Spree aus, die anbieten, diese an ihren Orten immer wieder aufzusuchen. Im weitesten Sinne generiert die Thematisierung der Spreeufer eine feine Form der Sehnsucht nach dem Ort, der über das profane Ufer hinaus weist.
Ein wichtiger hier dokumentierter Schritt ist dabei, über klanggestalterische Maßnahmen und Möglichkeiten, die Spree und ihre Ufer im öffentlichen Raum sinnlich erlebbar zu machen. Dazu Bedarf es der Schaffung von speziellen Momenten und Situationen, die Bezugs- und Orientierungspunkte für jeden Einzelnen entlang der Spree definieren.

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Näher aufgelöst bilden der Fluss und seine Ufer eine sehr deutliche und statische Grenze aus. Häufig kommt man zwar an Uferkanten, aber nur selten nah genug ans Wasser, so dass man danach greifen oder die Füße darin baumeln lassen könnte. Insofern kann sich die Spree selbst im direkten Erleben nur schwer bemerkbar machen, außer mit dem Auge ist Sie sinnlich kaum erfahrbar. Dazu trägt auch der Charakter der Spree selbst bei, der mehr einer treibenden Wassermasse gleicht, denn einem spürbaren Fluss. Auch in auditiver Hinsicht würde man nicht von einem rauschenden oder klingenden Fluss sprechen.
Dennoch besitzt die Spree ein erhebliches klangliches Potential, wenn man sich näher mit der vorhandenen Situationen auseinandersetzt. Gerade die nahezu das ganze Jahr verkehrende Touristendampfer, versetzen die ansonsten nur leicht vom Wind gewellte Wasseroberfläche in ständige Bewegung, und lassen immer auch Bugwellen bis an die Ufer hin ausstrahlen. Je nach Form und Bauart der Uferbefestigungen resultieren daraus verschiedene Brechungen des Wassers mit entsprechend unterschiedlichen klanglichen Folgen.

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Um diese hörbaren Flussgeister der Spree zu erwecken und kräftiger ausströmen zu lassen, braucht die Spree einen bewussten und kreativen Umgang mit der baulichen Ausgestaltung Ihrer Uferabschlüsse und Uferpromenaden. Diese bestehen derzeit größtenteils aus flachen Ufermauern und sind klanglich flach. Die gleichen Wellen, die an einer glatten Mauer ungehört vorbeistreichen, verursachen an geböschten Ufern bereits kleine Brandungen und perlendes Zurückfließen. Andere Uferformen wie ins Wasser führende Trittstufen sind noch spezieller und verursachen ein rhythmisch platschendes Anschlagen des Wassers. Spektakulär sind unterhölte Uferbreiche, an den das Wasser eingeschlossene Luft gurgelnd herausdrückt, oder gar nach oben führende Lochungen, durch die das Wasser schmatzend hindurchdrückt. Auch von unten an stählerne Kähne klongend schwappendes Wasser ist als Teil einer solchen Typologie zu hören und begreifen.

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Auditives Leuchtsignal

Entscheidend hinsichtlich einer Umsetzung der vorangegangenen Überlegungen ist im auditiven Zusammenhang die Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Situation. Insofern ist das vorgeschlagene Konzept bewusst offen gehalten, und beabsichtigt nicht, in einer großen Geste vollständig die Uferbereich zu beplanen. Ohnehin wird das eigentliche Potential darin gesehen, schrittweise Realisierungen mit unterschiedlichen Personen, Initiativen und Künstlern durchzuführen, da ja möglichst viele Menschen zur Auseinandersetzung mit der Spree und Ihren Ufern herangeführt werden sollen. Denkbar ist, bspw. im Rahmen von Festivals (Tuned City o.ä.) oder als Ausgleichsmaßnahme der am Spreeufer tätigen Bauherrschaften einzeln in Parzellen zu vergeben, ähnlich Klanggärtnern am Schreberufer. Als initiativer Schritt ist an ausgewiesenen Stellen die Installation „auditiver Leuchttürme“ vorgesehen.



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